Donnerstag, 31. März 2011

Erstens - Frieda radelt mit Stefan zum Ursee (1954)

In diesem Blog "Stefan´s erotische Geschichtchen" habe ich einige Geschichten angesammelt, die zwar fiktiv sind aber doch einige eigene Erfahrungen widerspiegeln. Fast alles hätte wirklich so sein können.

Wenn ich ein Mädchen gewesen wäre, hätte ich auch die Mädchenerlebnisse an mir erfahren können, so aber habe ich sie nur abgeguckt. Danke Euch Mädchen für Eure Offenheit.


Die einzelnen Posts haben am Anfang eine Nummerierung ("Erstens ..."), 
das zeigt die Reihenfolge der Niederschriften.
Rechts im schwarzen Feld seht ihr das Blog-Archiv mit allen Posts in diesem Blog, die ihr anticken könnt.  Andere Geschichten von mir sie sind nicht alle erotisch, aber auch nicht ganz nüchtern ... findet ihr hier: http://mein-abenteuer-mein-leben75.blogspot.com/ .




„Laß uns morgen nachmittag mal zum Ursee fahren, mit unseren Rädern,“ sagte Friedhella leise, während sie neben mir am Labortisch stand und eine Messung titrierte. In langen Laborkitteln stand der ganze Kurs von 12 Studenten so und lernte titrieren, also Tropfen für Tropfen die Reaktionsflüssigkeit in ein Glas fallen lassen. Dort färbte sich die Flüssigkeit rosa und ganz plötzlich knallrot – und das war der „Umschlagpunkt“, wie der Assistent es nannte. Ablesen, was an der Bürette abzulesen war, in eine Liste eintragen. Und das mehrere Male – Chemiepraktikum im Biologie-Studium.

Ich sah ihr fragend ins Gesicht, – „na hoch oben im Schwarzwald. Mehr sag i´ net.“ Dann Pause, Mittagspause, wir hängten die Kittel an die Wand und gingen in die Mensa, sorgfältig und fast elegant gekleidet. Wie das zum Studium so war: schließlich war es etwas Besonderes, studieren zu können, wer konnte sich das schon leisten.

Das Chemische Institut ist in einem modernen, aus Betonplatten zusammengebauten Gebäude, nicht weit vom mühselig wieder reparierten Zoologischen Institut in einer Art verrotteten Park. Alles war vom Krieg zerbombt worden, doch die neue Zeit brachte neue Universitäten. Zwischen die Trümmer gebaut. In der Zoologie sezierten wir Tiere und erfuhren, wie sie von innen aussehen – ich fand das entwürdigend für die Tiere und fand nur darin etwas Rechtfertigung, daß dieses Lernen uns helfen konnte, die Natur zu schützen, indem wir sie kennenlernten. Jahre später merkte ich, daß das eine Einbildung war – was konnten wir schon schützen?

Ich trage gebügelte dunkelgraue, lange Hosen und einen beige Pullover, Baskenmütze. Frieda – wie wir sie nannten – ganz ähnlich doch statt Hose einen feinen Rock und beige Nylonstrümpfe. Dieser Aufzug von uns liegt mir nicht, ich mag diese Eleganz nicht, finde sie unecht, weit weg von der Natur. Schließlich studiere ich Biologie wegen der Natur, der ich mich sehr nahe fühle. Näher als dieser sogenannten Eleganz. Und die Chemie ist ein Zugeständnis an den offiziellen Studienplan, etwas reichlich fremd und abstrakt.

Freitag Nachmittag, wieder nach stundenlangem Titrieren. Schnell fahre ich in meine Bude in der Jan de Weerth-Straße und wechsele gegen Wanderkleidung, das ist eine lederne kurze Hose und eine Windbluse (ähnlich dem Anorak). Die Hosenbeine umgeschlagen, wie das so üblich ist, eher bei Schülern als bei Studenten. Wir treffen uns beim Bertholdsbrunnen und radeln Richtung Kirchzarten und Höllental. Erst geht es noch, doch hinter dem Gasthaus Steinen müssen wir bald schieben, die Straße ist zu steil (Fahrrad-Gangschaltung ist nur ein Wunschtraum – gibt es sowas überhaupt?). 


Links der Eingang zur Ravenna-Schlucht, unter dem Eisenbahn-Viadukt durch. Wir stellen die Räder an einen Brückenpfosten und laufen ein wenig hinein – Frieda ist aus dieser Gegend und kennt manches, auch dies, doch es würde die falsche Richtung zum Ursee sein, meint sie. Und ob wir da drinnen überhaupt die Räder schieben könnten? Wir klettern auf den Felsen und zwischen den kleinen und großen Wasserfällen umher, uralte Bäume . . . Der Pfad ist schmal und zum Teil von Stämmen versperrt – also klettern. Frieda hat ihr „Wanderkleid“ an wie sie sagt, ein hellgraues Flatterkleid, das die Knie eben frei lässt – wenn sie steht. Doch beim Klettern muß sie es oft anheben und ich sehe – wenn ich hinter ihr bin – ihre faltigen und derben Strümpfe („Wanderstrümpfe“), gestopft, ein wenig schief gezogen . . . das ist sehr reizvoll, und manchmal wende ich mich ab, um nicht zu blick-gierig zu sein. Eine Art, um sich zu verlieben. Da komme ich mir in den Ledernen recht grob vor – doch vielleicht mag sie das. Ich mag´s nicht so gern, doch für das Wandern . . .

Viele umgestürzte Bäume, viel dickes Moos, Kräuter-Gewirr zum Nicht-durchkommen, wildes Wasser, bräunlich – „oben sind moorige Wiesen“, sagt Frieda –  und „sieh, hier sind alles Fichten und Laubbäume, weiter oben in den Bergen sind es Weißtannen. Da oben gibt es die Weißtannenhöhe.“ Sie sagt, „sonst hörte ich hier Wasseramseln singen, aber heute . . . ist keine hier.“ Doch wir sehen eine, wie sie in das stürzende Wasser taucht um Würmchen zu fangen, denke ich.

Wir müssen einen Platz zum Schlafen suchen, gehen hinab zu den Rädern und schieben sie weiter die Straße hinauf nach Hinterzarten. Na dieser Ort ist so, daß wir da nicht übernachten können – ist hier wohl eine Jugendherberge? Jedenfalls finden wir keine. Frieda sagt, „da oben bei Breitnau ist das Gasthaus zum Löwen, die kennen meinen Onkel Georg, der hier während des Krieges mal als Soldat war, und nun sind die immer noch befreundet.“ Es ist noch ein mühsamer Weg die Straße hinauf, wir setzen uns auf ein Mäuerlein vor dem Löwen, und Frieda weist auf eine Waldhöhe gegenüber, „sieh, das ist die Weißtannenhöhe.“ Ich lerne den Unterschied zwischen Weißtannen und Rottannen, oder Fichten, wie wir im Norden sagen.

Im Löwen ist der alte, dicke Wirt, der „Löwenvater“, der sich sehr über Frieda freut und uns einen einfachen Schlafplatz in einem Knechtezimmer anbietet, frei. Dann lädt er uns noch zu Sahne-Meringue ein und meint, „wir haben noch ´n guten Glottertäler Wein, extra was für besondere Gäste.“ Ein Glas für uns beide bitten wir, und nippen eher als trinken, „das mit dem Wein liegt mir nicht,“ sagt Frieda zu mir, „er behindert das klare Denken – und das ist  mir das Höchste.“ „Er behindert die Klarheit im Kopf, gel, meinst du das so?“ Frieda nickt und schiebt das Glas etwas weg. „Mein Vater hat viel getrunken – nur, wie er sagte, gute Sachen. Doch abends nach dem Abendbrot fing er an, und bald war von seinen klaren Sinnen des Tages nicht mehr viel zu spüren. Da war es mir auch egal ob der Wein ein guter war. Und tags war er ein so klarer Mensch! Und dann ging ich in mein Zimmer, und er saß mehr oder weniger allein da.“

Wir lassen das halbvolle Glas stehen – der Löwenvater mag sich seine Gedanken machen.

„Legen wir uns zusammen in ein Bett?“ Frieda zieht schon ihr Kleid und Unterkleid hoch und ich sehe die Strumpfhalter, an die ihre Strümpfe angehakt sind – und das Ganze an einem schmalen, rosa Hüftgürtel. Gleich werde ich ganz erregt, denn so ein Anblick . . . bei einem geliebten Mädchen . . . und sie schlüpft unter die plüschige Decke und ruft mich dazu. Ich ziehe meine Lederhose runter und den Pullover über den Kopf . . . keine Strumpfhalter oder was anderes zum Angucken.

Meine Mutter hatte solche Hüftgürtel, und ich mochte sie gar nicht, aber nun? Jetzt ist es was anderes. Na ja, meine Mutter trug sie um schlanker zu wirken, die schlanke Frieda aber um ihre Strümpfe zu halten. Da ist vielleicht der Unterschied. Lange Strümpfe mag ich gerne, sie sind eine so echte Kleidung, und Frauen müssen in meinen Augen echt sein.

Bei Sonnenaufgang stehen wir auf und fahren wieder hinunter nach Hinterzarten. Und bald erreichen wir das Städtchen Titisee. Wie wir durch den Wald auf der Schwarzwaldhochstraße neben dem Titisee radeln, machen wir eine Pause, gehen in den Wald – und da finden wir einige halb Meter hohe, blaue Blumen – „Milchlattich,“ sagt Frieda, „ich habe sie hier noch nie gesehen. Eigentlich zähle ich sie zu den Alpenblumen.“ Da ist auch wieder die Bahnstrecke.

Frieda kennt die Waldwege, und nach auf und ab und mehr Schieben als Trampeln kommen wir oberhalb des Dörfchens Falkau wieder ins Helle. Wir fahren die Straße entlang und wieder ein Seitensträßchen, und am Waldrand halten wir an einem alten Bauernhäuschen. „Hier ist es, das Limnologische Institut von Herrn Professor Elster.“ Sie war schon hier und hat ein Praktikum gemacht – Plankton in den Bächen bestimmt, gezeichnet und beobachtet. „Da war der Jürgen Schwoerbel Assistent, der wusste viel und hat uns weit geleitet. Nur war er so schüchtern.“

Und er ist auch heute hier. Freundlich und zurückhaltend. Wir sehen ins Mikroskop, und da schlängelt sich ein Würmchen. In einem anderen eine „Planarie“, ein platter Wurm  mit Augen, ähnlich wie Egel, sind aber keine Egel, sagt Schwoerbel, „Ihr könnt sie in allen Brunnen finden.“ Ich mag sie, und als wir später diese hölzernen Brunnen vor den Bauernhäusern ansehen, kriechen die Planarien darin umher, etwa ein bis zwei Zentimeter lang.

An einem Tannenwaldrand sagt Frieda, „da drüben hat Wolfgang im Baum neulich eine ganze Brut Wachholderdrosseln beringt, für die Vogelforschung. Er zeigte mir das Nest von unten, war nur drei Meter hoch oder so. Vier Junge.“ „Nun sind sie ja ausgeflogen. Benutzen die das Nest mehrmals? Sonst könnten wir es ja holen.“ „Nein, die brüten nur einmal im Jahr, und in einem Jahr haben sie´s gewiß vergessen – dennoch, ich habe keine Lust, es gehört da oben hin. Außerdem, ich klettere nicht da rauf, habe ein Kleid an.“

Irgendwie kommen wir an einen großen Teich, den Windgfällweiher. Da liegt ein Gasthaus am Waldrand, aber wir fahren weiter – wozu ein Gasthaus? Ein wenig essen wäre doch gut, und wir kehren um, zwei Spiegeleier mit Kartoffeln, Milch.

Bald erreichen wir die Gegend des Ursees, an der Straße legen wir die Räder ins Gras und gehen über Wiese und Mooriges bis an ein paar Bäume, die den See umranden. Ein Schild, „Naturschutzgebiet“, doch wir gehen weiter, schließlich sind wir Biologiestudenten und müssen sowas alles sehen (etwas arrogant, nicht wahr?). Wir sind ja so vorsichtig, machen nichts kaput, gehen barfuß. Zwischen den Bäumen glänzt das Seewasser – na, ein See ist es nicht, eher ein großer Teich. Der Boden schwankt, Moorboden, wir legen uns auf den Bauch und sehen ins Wasser, das klar und schwarz ist. Der Moorboden ist nur zwei Zentimeter höher als die Wasseroberfläche. Senkrecht ist die Kante des Moorbodens, braun, torfartig. Ich fasse ins Wasser entlang der senkrechten Kante, sie ist gewiß einen halben oder ganzen Meter tief.

Frieda zeigt mir etwas Weißes, Schleimartiges, Handgroßes an einem untergetauchten Baumast. Ist aber einigermaßen fest: „ein Süßwasser-Schwamm, ist hier nicht selten. Manche sind grün.“

Dann nehme ich meine Taucherbrille und sehe ins Wasser, nun ist alles klar zu erkennen, aber da ist nicht viel. Nur braun-schwarze Tiefe, ein paar kleine Fischchen. Frieda sagt, „der soll 10 Meter tief sein. Magst du da drin mal tauchen?“ Doch da sperren alte Baumstämme im Wasser, und ich tue es nicht. Außerdem ist das hier ja Naturschutzgebiet. „Das Wasser ist sehr sauer – na, eben Moorwasser.“

Wir liegen nebeneinander auf dem Moorboden und sehen ins Wasser, Moormoos, „Sphagnum,“ sagt sie. Wir legen einander die Arme auf die Rücken. Die Nacht im Bett im Löwen waren wir einander nicht so nahe wie jetzt hier. „Wir haben doch Decken mit, da können wir irgendwo am Waldrand schlafen – die Nacht meine ich.“ Ich streiche über ihren Rücken nach unten und fühle unter dem Kleid die Unterkleidung, die Strumpfhalter und all das. „Trägst du immer Strümpfe?“ Für mich gehören sie zum Fraulichen, doch wer weiß . . .


„Ja, ich trage nimmer welche, schon seit meiner Kindheit. Das ist doch so bei Mädchen, oder? Mir macht es außerdem Spaß, auch die Strumpfhalter mag ich gerne am Körper, manchmal sticke ich mir kleine Stoffröschen drauf.“ Ich ziehe ihr Kleid ein wenig hoch –  „darf ich doch, ja?“, sie nickt leise und ein wenig verlegen. „Streich mir mal über die nackte Haut zwischen den Strümpfen und dem Hüfthalter.“ Und mit der Hand schiebt sie meine Hand mehr zum Po hin, unter dem Hüfthalter ist sie nackt, das macht nun mich verlegen. „Darf ich das?“ Frieda legt ihr Gesicht fest auf die Kräuter unter uns und schnauft und zittert ein wenig. Ihre Zöpfe liegen auf dem Moos und zittern mit. Das Zittern überträgt sich auf das Wasser, das an der Oberfläche kleine Wellchen bekommt.

„Ja, ja,“ sagt Frieda, „so ist das Studentenleben, besonders der Bio-Studenten.“ Wir liegen nun Bauch an Bauch und streicheln uns zärtlich hier und da, am meisten die Gesichter. „Wir müssen doch alles kennen lernen, denkst du nicht auch? – Kennst du denn schon alles?“

„Wahrscheinlich nicht,“ sage ich, „ich denke, du kennst sehr viel mehr.“ „Ach das darfst du nicht denken, damit schiebst du mir die Verantwortung zu, obwohl du nicht weißt, was ich wirklich weiß – oder nicht weiß.“

Ja, das ist ein Problem.

Bald sitzen wir in einer alten Sandgrube an einem Feuerchen. Einander gegenüber – und Frieda lässt mich ein wenig unter ihr Kleid sehen, und ich sitze so, daß sie in meine kurze Lederhose sieht. „Was hast du denn da für ´ne Menge weißen Stoff drunter?“ „Ach meine Unterhose, die ist so weit,“ und stehe auf, gehe ins Gebüsch und ziehe sie aus. „´n bißchen Gleichheit ist doch recht schön.“

„Hast du eigentlich die vielen Orchideen auf der Wiese am See gesehen? Deswegen hat man den See unter Schutz gestellt.“ „ . . .  und den Reiher, der abstrich als wir kamen, und der nicht zurückkehrte?“ „Wir waren ihm wohl zu viel – außerdem wird er da nicht viel zu fangen haben, keine Fische. Der Windgfällweiher ist gewiß besser, doch da verscheuchen die Leute immer die Reiher; wollen die Fische selbst essen. Nahrungkonkurrenz, oder?“

„Weißt du, den Professor Elster, der die Station in Falkau betreibt, mag ich sehr gerne. Er weiß so viel und erzählt davon aus innerer Freude, finde ich. Und bereitet immer wieder Studentenexkursionen in den Süden vor.“

Frieda sitzt mit ausgestreckten Beinen im dürren Gras und streicht ihre Beine entlang, „das ist ein sehr gutes Gefühl, mach das auch mal mit mir, streich mal über meine Strümpfe, das mag ich mehr als wenn man über die nackten Beine streicht. – hm, besonders an den Knien, und ganz oben wo die Strümpfe aufhören.“ Ich finde Menschenbeine etwas ganz Besonderes, sie sind so lang, und schön, meistens jedenfalls. Und Mädchenbeine sind noch schöner.

Für Menschenbeine interessiere ich mich seit mein Großvater sich einen Bypass neben seine verstopfte Arterie in den Oberschenkel legen ließ. Ausführliche Operation, drei Wochen Krankenhaus. Er erzählte viel davon, und nun sehe ich im Geist immer diese Arterien in den Beinen von Leuten. Besonders wenn die Beine nackt sind oder nur Strümpfe anhaben.

Ich frage wieder nach dem Hüfthalter mit den Strumpfhalterbändern dran, „hast du das immer so?“ „Nein. Auf dem Fahrrad wäre es besser, weiter oben am Bauch einen Strumpfhalter-Gürtel zu tragen. Denn der Hüfthalter rutscht beim Radeln leicht runter – hast du nicht gesehen, daß ich ihn ab und zu hochgezogen habe?“ Nein, da bin ich wohl zu scheu, habe weggesehen, wenn sie sich am Kleid zu schaffen tat.

In einem Gebüsch finden wir einen Schlafplatz. Wir wickeln uns in unsere Decken, aber zusammen natürlich. Eine Art Höhle zwischen Büschen, vorne sehen wir raus auf die Wiesen, da laufen mal Rehe rum, auch Hirsche später, ganz dicht liegen wir zusammen, Eulen fauchen oder rufen, es ist ein starkes Erlebnis, mit einer Frau zusammen zu liegen, die Strümpfe an den Beinen hat – ich wünsche, daß ich auch welche hätte. Wir sehen sogar eine Nachtschwalbe über´s Gras huschen. Der Mond scheint, und wir sehen einander die ganze Nacht an, erst morgens nach dem Monduntergang schlafen wir etwas.

Nun weiß ich warum ich gerne Strümpfe hätte: es ist morgenkalt, und in langen Strümpfen wäre es gemütlicher, die Lederhose ist zu kurz. „Ja, die besorgen wir, wenn wir zurück sind.“ Nochmal zum Ursee, da ist die Stimmung anders als gestern, betaute Spinn-Netze, und an einer Stelle im See entdecken wir eine Wasserspinne unter ihrer Luftglocke. Ein wenig singen noch die Nachtigallen, doch der Frühsommer vergeht. Sogar die Wachholderdrosseln hören wir einmal schackern. Wir liegen wieder am Seeufer, alles ist naß, und es ist genüßlich, wenn das Nasse durch die Kleidung an die Haut kriecht – fast wie eine Planarie fühle ich mich.

Am Windgfällweiher lassen wir uns Kakao geben, und nochmal Spiegeleier mit Bratkartoffeln. Die Straße vom Ursee her ist einigermaßen gerade, wir mussten nicht schieben. Wenn es bergab geht, flattert Frieda´s Kleid, und sie lässt es so wie es will. Der Fahrtwind weht ihr an den Leib. „Was trägst du im Institut an den Beinen? Auch solche Strümpfe?“ „natürlich nicht, sondern Eleganteres. Nylons, doch die Halter sind wie heute an Hüfthaltern angeknöpft. Das ist nun mal Damenkleidung, weißt du das nicht?“ 

Doch ich weiß es, aber ich möchte immer wieder darüber mit ihr sprechen, das ist ein Stück meiner Liebe. „Liebst du mich auch so wie ich dich?“ „Hm, ja, sehr wahrscheinlich. Besonders weil du so offen über all das sprichst, was dich gerade berührt – zum Beispiel meine Kleidung. Wo mir das doch selbst so viel Spaß macht – über meine Kleidung zu sprechen – und sie dir zu zeigen.“

Während der Abfahrt durch´s Höllental machen wir eine längere Pause in einer Felsennische. Es ist dort still, und wir sind allein. Am liebsten möchten wir nochmal zusammen schlafen – aber morgen geht das Chemiepraktikum weiter, und da müssen wir wieder frisch sein, es braucht da so viel Aufmerksamkeit. Doch nun gibt Frieda mir eine Einweihung in etwas, wovon ich noch nie gehört hatte. Was ich noch nie erlebt hatte.

„Wir setzen uns mit überkreuzten Beinen, einander gegenüber – kannst du das für länger?“ „Ja, so sitze ich seit ich Kind bin. „Ich sehe in deine Augen, ohne Plinkern. Geht das? Und du in meine. Ohne Mühe, nicht krampfen, ganz locker.“

„Wir summen einfach, wie es am einfachsten geht, einfach Summen.“

Summen, wir stimmen unsere Stimmen aufeinander ein. Frieda bewegt langsam ihr Arme im Kreis, den linken rechtsherum, den rechten linksherum, in der Mitte treffen sie sich und drehen weiter.

Ich tue es ebenso – und Summen. Eine lange Zeit so, dann hört sie auf und legt ihre linke, flache Hand auf meinen Unterbauch, eben über dem Penis. Ich summe und drehe weiter, und sie sagt leise, „aus meiner Hand strömt Wärme in deinen Unterbauch. Spürst du es? Mach es ebenso mit mir.“ Ich tue es, und spüre auch, wie etwas aus ihrem Unterbauch in meine Hand strömt, ich möchte sagen, Liebe strömt in meine linke Hand.

Wir sehen uns in die Augen. Tränen kommen in meine Augen. Was geschieht da nun? „Siehst du, das ist Liebe, viel weiter als nur Küssen und Sex.“

„Zeig mir deine Tränen, es sind Tränen der Liebe. Hier siehst du meine.“ Zuerst laufen Strahlen aus meinem Unterleib nach unten, in  die Erde, auf der ich sitze, erscheint es mir.

Ich summe weiter, Schluchzen dazwischen. Frieda legt ihr Hand etwas höher eben unter meinen Nabel, und wieder wie vorher. Nun strahlen Lichter scharf und gebündelt aus dem Unterbauch dieser intensiven Frau. Sie kommen von da zu mir in meinen Unterbauch, solche Gefühle habe ich.

Und so geht es weiter, eine halbe Stunde bis zum obersten Punkt oben auf meinem Kopf. Dem Scheitel. – Frieda´s Augen sind ganz dunkelbraun, fast schwarz, ihre Haare dunkel . . . die Brauen und Lider auch, und naß. Ihre Stimme ist so weich, etwas wie ein Kind. Wenn sie spricht, oder wenn sie zuhört, gehen ihre Augen nach links, nach rechts, volle Aufmerksamkeit. „Ist das schon Liebe?“ frage ich leise.

„Ein wenig, aber sieh, ich möchte mit dir weit über die Liebe hinausgehen – jenseits der Liebe! – Das ist vielleicht nichts für heute abend, wir sollten einander erst noch näher kommen.“

Frieda streicht ganz leicht mit einer Hand, ganz langsam über mein Gesicht, von oben nach weiter unten, über den Leib, bis hinunter an den Raum zwischen den Schenkeln. Dabei summt sie mit ihrer hellen Stimme. Und da bleibt die Hand liegen und berührt meine Genitalien. Vibriert ganz wenig. Und die andere Hand liegt nun auf meinem Kopf, vibriert auch ein wenig – „erfährst du gerade die Spannung zwischen diesen beiden Punkten?“ Ja ich spüre sie, mein ganzer Körper beginnt in Spannung zu sein. Ganz still sitze ich um nichts zu versäumen –  „so, das ist also schon jenseits von Sex?“ „Ein wenig, aber wir werden mal weiter gehen – wenn  du möchtest  und bereit bist. Aber heute nicht.“

Langsam lösen sich unsere Hände und Körper voneinander . . . Noch lange bleiben wir einander gegenüber sitzen – Frieda verneigt sich mit zusammen gelegten Händen, „ich grüße dich, mein Geliebter.“ Und ich ebenso, „ich grüße dich, meine Geliebte.“

Langsam und versonnen gehen wir zu unseren Fahrrädern und rollen langsam talwärts, still und sehr achtsam.
. . .
„Laß uns am Freitag nachmittag mal zum Tuniberg fahren, mit unseren Rädern,“ sagt Frieda leise, während sie neben mir am Labortisch steht und in einer lila Lösung den pH-Wert bestimmt.


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Zweitens - Zum Tuniberg – doch vorher ... der neue Boogie ...

Über alle meine Blogs findet ihr eine Liste unter;
 

Hommage an Axel Zwingenberger und Silvan Zingg,
– und Reminiscence an meinen Mangel an Temperament zu rechten Zeit



Leise fragt Frieda, „Ich hatte doch gesagt, laß uns am Freitag nachmittag zum Tuniberg fahren, mit unseren Rädern, gel?“ -  während sie neben mir am Labortisch steht und in einer lila Lösung den pH-Wert bestimmt. „Doch am Freitag abend ist Tanz im Tanzclub in der Lorettostraße.“

„Tanzclub? Soll ich etwa tanzen? Pardon, das war noch nie was für mich – das ist so langweilig, habe nicht mal Tanzstunde genommen.“

„Ach komm doch mit, wirst schon sehen, was ganz Besonderes.“

„Was kann Tanzen schon Besonderes sein?“

Dies mal mit der Tram von Friedas Zimmer zur Lorettostraße, ich habe noch eine lange Hose an und ein weißes Hemd und Jacke  – „das ist richtig,“ sagt Fieda und zieht einen knielangen Flatterrock an, eine luftige Bluse und eine Windjacke drüber. Und Turnschuhe, weiß und frisch gewaschen. Sie läuft fast zur Tramhalte und zieht mich mit – „ich bin schon so gespannt,“ sagt sie hechelnd, „da spielen ganz besondere Leute, und eine ganz besondere Musik.“

Drei Mark Eintritt und als Ticket ein geflochtenes, rot-grünes Band um den linken Arm bei Männern, ein blau-grünes um den rechten bei den Mädchen. Hinten eine kleine Bühne. Tische und Stühle um die Wände, ein paar Leute sitzen schon rum, meistens Studenten, manche mit Wein – oh weh, denke ich, Wein. Ein Flügel und Stühle auf der Bühne. Kommt ein Mann in Kombination: hellgraue Hose, hellgrüne Jacke, orange Schlips – recht schrill finde ich, aber zum Tanzabend ist es wohl recht.

Setzt sich an den Flügel, spielt mit der rechten Hand ein paar leichte Takte. Kommt ein Mann mit einem Baß, eine Frau mit Geige und ein Mann zum Schlagzeug, das da schon aufgestellt ist. Der Mann vom Flügel steht auf und begrüßt uns – da kommen noch viele Gäste rein, und er spielt wieder ein paar Takte. Kellner laufen umher und bringen Getränke – doch wir wollen nichts. Ich bin eher ablehnend, doch Frieda fasst mich am Arm, sieht mich an und meint, „du, sieh erstmal hin, hör erstmal hin, das ist schon was ganz Besonderes.“

Der Klavierspieler, er heißt Zwingel Axberger (ein eigenartiger Name, wohl Künstlername oder sowas), höre ich, steht nochmal auf und sagt, „liebe Leute, heute abend will ich euch was ganz Neues spielen, wir alle wollen das Neue. Ist neu aus Amerika gekommen, über den Großen Teich.“

Spielt wieder ein paar rechthändige Melodie-Takte – und fällt plötzlich mit der linken Hand ein in ein sehr rhythmisches Spiel, „Boogie Woogie –,“ ruft er aus, „Boogie Woogie“ und nochmal „Boogie Woogie“. Hinter der Bühne senkt sich langsam ein Vorhang, und auf dem steht

BOOGIE WOOGIE
THE NEW WOMAN, THE NEW MAN, THE NEW FUTURE
THE GREATEST DANCE EVER

in grünen Papierbuchstaben auf dem dunkelroten Stoff. Friedas Hand presst meinen Arm, zitternd, ich sehe wie Tränen aus ihren Augen kommen, „auf sowas habe ich schon so lange gewartet, du kannst dich freuen, bei diesem Moment dabei zu sein.“ Der Baß beginnt. Das Schlagzeug und schließlich die Frau mit ihrer Geige. Der Rhythmus wird schneller, bald ist er rasend, und mir wird unheimlich – was ist das für eine Musik? Die Benny Goodman-Big-Band oder Glen Miller ist nichts dagegen. Man hört sie ja im Radio, im AFN, die Unterhaltung der Ami-Soldaten. Mag ich nicht so gerne – fühle mich unsicher, ob ich denn das mag, was in unseren Radios tönt. Doch Frieda ist entschieden.

„Da muß ich mich unbedingt hineinversenken.“ Ein paar Mädchen stehen zögernd auf und beginnen allein zu tanzen – etwas sehr Ungewöhnliches. „Lieber würde ich aber mit dir tanzen,“ sagt Frieda. „aber wie? Was tut man denn da?“ frage ich unsicher. Der Mann am Klavier spielt leiser, die Begleitung setzt aus, und er ruft, „stellt euch still hin, allein, hört auf euren Körper, was der will, und folgt ihm. Denkt nicht erst nach, lasst ihn sich bewegen wie er will, einfach so, ohne Plan.“ Und er beginnt wieder.

Ein paar Mädchen lachen und fangen an zu zittern, der ganze Körper zittert, ihre Beine beginnen zu zittern. Ihre Röcke zittern und plötzlich fängt eine an hoch zu hüpfen, im Rhythmus springt sie auf und ab, schleudert die Arme hoch und schreit laut und ekstatisch und tanzt hin und her. Alle tragen Turnschuhe, springen hin und her, tanzen, schleudern die Arme hoch, schreien, pfeifen. Ein paar Jungs kommen zögernd dazu –  Frieda ist schon längst auf der Tanzfläche und hüpft mit, schleudert begeistert die Arme hoch. In tiefer Ekstase, fast in Trançe, ab und zu sieht sie zu mir und winkt, zu kommen, lachend, ein wenig verkrampft lachend.. Doch noch ist mir das alles zu fremd, zu outlandish, wie afrikanisches Buschfeuer, wie ganz Wildes, ich fühle mich nicht so wild.

Da springt sie auf mich zu und reißt mich an der Hand hoch und ob ich will oder nicht – ich springe mit und lasse mich tief reinfallen in diesen wilden Rhythmus. Es ist so was anderes, ich hab nie gewußt, daß ich mich so bewegen kann. Irgendwas veränderte sich eben, ganz plötzlich in mir, wie ein Schlag. DAS muß ich ausnutzen, ich muß meine Fähigkeiten ausnutzen, muß hier drin bleiben in dieser Stimmung, immer, muß so ein Tänzer bleiben ... immer. Das ist ein NEUES Leben! Und den ganzen Abend beginnt die Band neue Sachen, wird immer wilder, immer größer. – Daß mein Körper dazu fähig ist!

Frieda mir gegenüber, eine so wilde Frau habe ich noch nie erlebt, nicht mal von Weitem. Wir berühren uns nicht, sehen uns in die Augen und erleben unsere Energien, wie sie durch die Luft aufeinander zufliegen und sich einander  aufheizen, wie Feuerflammen ...

Der Klavierspieler: „denkt nicht an irgendwelche Tanzschritte sondern lasst eure Körper tun, was sie wollen, nur der Rhythmus, sonst nichts, wenn es noch eine Hemmung  gibt, vergesst sie – nun mache ich eine Pause, meine Finger wollen auch mal ruhen.“

Das war eine Stunde nach dem Anfang. Viele gehen raus auf die Straße und kühlen sich ab. Lange Diskussionen – doch Fieda will nicht diskutieren, „in Stille nachfühlen, was geschehen ist.“ Sie setzt sich auf meinen Schoß – oh ist das ein Glücksgefühl, diese geliebte Frau sitzt plötzlich auf meinem Schoß, hat dieses Vertrauen ...

Bald gehen alle wieder rein, gespannt wartend ob das denn Wirklichkeit ist, was sie bisher gehört haben. Axberger kommt rein und setzt sich ans Klavier, ein paar Takte, dann der Rhythmus – aller erkennen ihn wieder und beginnen zu klatschen und zu schreien und zu pfeifen. Nun geht es erst richtig los, von der Band kommt etwas, was wir bisher noch nie gewohnt waren, noch wilder, noch mehr auf den eigenen Körper zugeschnitten .

Immer wieder schaut er zu uns, lächelt, lacht, schüttelt seine wilde Haarmähne, seine Füße tanzen mit. Nun wird es so wild, daß viele nicht mehr allein tanzen mögen, sie müssen sich festhalten an jemandem, an zwei starken Händen. Nun tanzen Paare, und die Haare der Mädchen fliegen, sowie die Schlipse der Jungen. Die Röcke fliegen, und wie ich mich mal hinsetze, schaue ich auf die tanzenden Beine – ihr wißt, wie sehr mich Beine anrühren – und da sind die vielen Unterröcke, die mit den Kleidern fliegen, manche so hoch, daß ich die Strumpfränder sehe, die Strumpfhalter ... manches knappe Rüschen-Höschen.

Außer Atem setzt Frieda sich wieder auf meinen Schoß, schiebt ihr Kleid ein wenig hoch und zeigt mir ihre Knie, „streich da mal rüber.“ Hier in der Öffentlichkeit? Mein ganzer Körper zittert – „du zitterst ja schon wieder, wie neulich im Höllental.“ Sie ist verschwitzt, aber wunderlich: ihr Körper duftet, sehr anziehend, sehr lebendig, duftet! Unser Zoologieprofessor hat mal gesagt, daß etwa jede zehnte Frau einen solchen fraulichen Duft ausströmt – habe ich etwa das Glück, eine von denen auf dem Schoß sitzend zu haben?

Später zieht sie ihr Kleid noch höher, „sieh mal, was für Strumpfhalter ich heute habe, mit Röschen drauf.“ Die Bänder sind weiß, mit zwei roten Längstreifen. Süß, zum Ansehen – wegen der Röschen? Ach nein, wegen der Frieda und der Liebe, und wegen ihrer Beine. Ich sehe die in Seide gestrumpften Beine so dicht vor mir – oh, das Frauliche, ich merke, es fehlt mir, ich sehne mich ganz nach dem Fraulichen, ich möchte es ganz genießen. Möchte das ganz und vollständig in mir haben. Immer noch ist der Abstand von wenigen Zentimetern da, Frieda´s Beine sind noch immer ein Stück weit entfernt ... Was ist das nur, die Frau? „Streiche mal mit der Hand den Strumpf höher hinauf, bis dahin, wo er oben endet – ja das ist wundervoll, ganz die männliche Hand!“        Frau – Mann, oder?

Frieda sieht auf die Tanzenden, saugt das alles in sich auf, leuchtet, zwischendurch lenkt sie ihr Auge auf mich ohne den Kopf zu wenden, und sieht mich kurz an. Dieser kleine Blick einer Frau, habe ich noch nie erlebt. Wieder springt sie auf und tobt tanzend durch die Menge der anderen, nun packt sie sich einen andern Mann – oh – und lässt sich von ihm durch die Luft schleudern, das gehört wohl dazu, was sie nicht alles schon weiß! Sie muß sich vorgebildet haben.

So sind viele der Frauen, offen und schrill: tiefe Blicke für ein Zehntel Sekunde unter ihre Kleider: Unterröcke mit vielen Rüschen, lange Beine, Strumpfhalter, Höschen auf dem nackten Leib, Sehnsüchtigkeit – die Frau! Manche ohne ... Wo bin ich hier – ah, das sind die wahren Hexen, oder? Verführungen der Männer? „Nein,“ sagt Frieda später: „ich verführe mich selbst zu immer mehr Freiheit, da magst du gerne mittun, ist aber nicht nötig, kann ich auch alleine. Ist eine fast explosionsartige Verführung, der weite Sprung, ah ...“

Dazu sind also die Kleider und Röcke da – daß sie geöffnet werden können, daß sie flattern wie im Sturm. Was bleibt mir als Mann da nur als hinzusehen, mit erregtem, vorgebeugten Körper. Das IST Sturm.

Um Mitternacht mag es sein, da wird es ruhiger im Tanzclub, einige sind gegangen – wohin wohl? 


Seht zum Bisherigen hierhin: 


 
Frieda geht für ein paar Minuten weg und kommt zurück, umgezogen in ihr Wanderkleid und ihre Wanderschuhe und -Strümpfe. Zitternd immer noch, und in tiefer, überzeugender Ruhe, beides. „Komm, wir fahren zum Tuniberg.“ „Was jetzt noch?“ „Sieh mal raus, wie schön und wie warm es ist. Und ich weiß da einen Platz, wo wir zusammen liegen können – vielleicht schlafen. Oder was –?“

So um zwei sind wir am Fuße des Tuniberges (bei Munzingen), unter der Erentrudis-Kapelle etwa, Weinhänge, alles Weinanbau. Zwischen den Rebfeldern tief eingeschnittene Wege. Frieda lenkt mich in einen der kanalartigen Wege, wir schieben, denn der Lößboden ist so weich. Irgendwo kennt sie eine Steinhütte, in der Geräte untergebracht sind, aber Platz genug ist für uns. Auch hier der weiche Lößboden. Gut zum Liegen.

Von der Hütte aus sehen wir noch eine Zeit lang nach Süden. „Dahinten ist der Isteiner Klotz, siehst du den dunklen Schatten dort? Ein dicker Felsberg, um den der Rhein eine Kurve dreht, daneben der Berg, dahinter Basel. Du siehst doch den Schein der Stadt.“ Wenige Stunden Schlaf in die Decken gehüllt, am Morgen Blick in die Ebene, „da unten mit Wolfgang Teichrohrsänger beringt. Siehst du den Graben mit dem Schilf? Da haben wir ein Vogelfangnetz quer gespannt und die Vögel reinfliegen lassen. In wenigen Minuten war das fertig und alles wieder wie vorher, die Sänger flogen wieder zu ihren Nestern, waren aber für die Forschung markiert.“ „Was sind das für Nester?“ „Sie nehmen ein paar Schilfstengel und spinnen eine Halterung dazwischen, an die sie ihr Nest aus trockenen Grashalmen flechten.“

Bald kommt die Morgen-Sonne um die Ecke und scheint auf den Platz vor der Hütte, wir legen die Decken raus und wickeln uns zusammen ein, ganz dicht, tief umarmt. Ich erzähle, wie ich in der Nacht ihre Beine empfunden und geliebt habe. „Ja, das habe ich gemerkt, es kam so eine ganz feine Vibration aus deinen Händen in meine Beine. Ach, ich liebe meine Beine so sehr, deswegen fühle ich das wohl so. Und du hast auch deine Freude gehabt, ja?“

„Ich beneide euch Mädchen um eure Beine, aber was kann ich machen? Und daß ihr sie so frei habt, so ganz sparsame Bekleidung, fast nackt ...! Und das Kleid darüber lässt euch doch auch viel Freiheit.“

„Und dann können wir noch so vieles tun mit unseren Strümpfen, länger oder kürzer, einfarbig oder bunt, dick oder dünne – alles.“

Ich schwärme von der Nacht, „und wie ihr eure Kleider habt fliegen lassen – dazu sind Kleider eben gut und schön. Und ihr Frauen habt viele Möglichkeiten, eure Freiheit zu erobern – wie ihr wollt.“

Viel Stille, nur ein paar Vögel zwitschern in der Luft. Da kommt ein großer Hund an und schnuppert an unserem Deckenpaket – und uns darinnen. Frieda kennt ihn, „Hallo Heiko, hast du uns entdeckt?“ Ich wundere mich und frage sie, wieso sie ihn kennt. Da kommt ein Mann um die Ecke, „ach, da seid ihr ja endlich, habe euch schon gestern abend erwartet.“

„Gestern? Da war ein so heißer Tanzabend, weißt du Onkel, da mussten wir unbedingt hin. Und nun müssen wir erstmal ausschlafen. Danke, daß wir hier sein dürfen.“ Es ist schön in der Sonne, und mittags stellt sich ein Baum in den Weg damit es nicht zu heiß wird – natürlich stand er da schon immer ... Der Onkel stellt uns eine Thermoskanne mit heißem Kakao und ein paar Marmeladenbrote hin  und zieht mit Heiko weiter.

Nachmittags wachen wir wieder auf und haben so starke Bedürfnisse, uns zu fühlen, „du konservativer Mann, zieh mal endlich deine dicke Hose aus – ich bin ja sofort frei, da brauchst du nur mein Kleid hoch zu ziehen.“ Dazu musste ich nun aufstehen, denn lange Hosen sind ja fast verschmolzen mit dem Körper. „Geht die Einweihung nun weiter?“

„Ich beneide euch Männer um eure starken Beine –“ sagt sie, „und wie du so fest auf ihnen stehen kannst, fest auf dem Lößboden hier ... tu es mal.“ Ich stehe wieder auf und fühle meine starken Beine – so sehr stark kommen sie mir zwar nicht vor, doch auf diesem weichen Boden kann ich gut und fest stehen. Frieda sitzt nun, „stell dir vor ... – es geht alles mit Vorstellungen –. Stell dir vor, da geht aus jedem Bein eine Art feines Elektrokabel, durch die Fußssohlen, hinein in die Erde – was siehst du da?“

Eine Zeit lang warte ich, bis ich überhaupt das feine Kabel spüre, ja ganz fein, und ein sehr feiner Strom fließt da durch, vibriert, in die Erde hinein. Er verliert sich in der Erde. In unendlicher Tiefe, es ist alles still, selbst die Vögel schweigen. Frieda schweigt, sieht weit in die Ferne, ich höre ihren leisen Atem. „Nun siehst du, wie in diesem Kabel etwas nach oben fließt ... von unten in den Bauch, etwa da wo die Blase ist.“ Ja, da vereinigen sich diese beiden Kabel, aus jedem Bein eines, nun ist es eher wie ein dünner, weicher Schlauch aus jedem Bein – wie manche Schläuche im Chemielabor. Da verbindet sich das Innere meines Körpers mit den Beinen, mit der Erde – und da unten in der Erde ist eine Druse von Kristallen, roten, großen Kristallen, im Dunkel des Erdbodens. „Warte, ich sehe auch was du siehst,“ sagt Frieda und steht nun neben mir, bewegt sich leise hin und her.

Da fangen die Vögel wieder an zu singen – erstaunt sehe ich umher, manches in der Welt ist nun reiner, klarer, Frieda und ich umarmen uns und spüren, wie die roten Kristalle unser Grund sind, auf dem wir gemeinsam stehen. „Wir sind nun gemeinsam verwurzelt im Erdboden. Alles ist ganz klar geworden.“

„Nun können wir beide einander mit den ganzen Körpern berühren, mit den Vorderseiten, und spüren, wie Lichter zwischen uns hin und her strahlen. – Von da, wo deine Wirbelsäule endet, strahlt es zu mir rüber.  Da ist viel Rotes drin, ein roter Teich in deinem Becken, sozusagen.“

Dann lässt sie Licht von ihrem Punkt eben unter ihrem Nabel zu mir strahlen, es ist nicht mehr so stark rot, eher rosa, und wandelt sich in helles Blau. „Nun kommt es wieder von dir, vom  Nabel etwa – genauer von einem Punkt hinter dem Nabel eben vor der Wirbelsäule, und strahlt in meinen Frauenkörper ...“ sagt sie. Ich gebe viel Liebe in dieses Strahlen, Vieles aus meinem Leib in ihren. Wir stehen weiterhin umarmt. Inzwischen habe ich den Eindruck, daß unsere Vorderkörper ganz nackt sind, und wir Haut an Haut stehen. „Ich gebe dir nun von meiner großen Herz-Kraft – merkst du es? Aus der Mitte meiner Körpers zwischen meinen Brüsten – merkst du es?“

Die Mitte unserer Körper. Weder oben noch unten, weder das, was noch kommen wird noch die Kristalle in der Erde. Hier bleiben wir ein lange Zeit – nach unten haben wir Vieles erfahren, durchleuchtet, ist angefüllt. Doch weiter oben ist es unbekannt, leer, wo das wohl hinführen wird?

„Nun eine Pause. Sieh´ hinunter in die Ebene, doch nun ist da mal nichts Besonderes zu sehen, denn ... hier ist Zeichenkarton und Wachskreide. Wir malen mal, was wir zum Erlebten mit geschlossenen Augen sehen, empfinden.“ 



Hier ist mein Bild. Wenn ich an die Punkte denke, die wir eben erfühlt haben, dann sehe ich – mit geschlossenen Augen – Farben, wie sie an den Punkten erschienen. Doch weiter oben waren wir ja noch nicht, aber ich sehe ganz leicht auch Farben da.

„Das Herz ist zwar links, aber der Punkt, von dem es von mir zu dir strahlt, ist in der Mitte der Brust, merkst du´s?“
Mit einiger Vorsicht erkenne ich etwas leicht Grünes – mit geschlossenen Augen wie bisher. „Dies ist die Mitte – was weiter unten ist, haben Tiere auch, aber ab dem Herz aufwärts ist´s menschlich, meine ich.“ Während ich unten eher Rotes sah, wird es jetzt blauer – ein blauer Horizont dehnt sich aus.

Nun ein totaler Wechsel – Frieda geht zu ihrem Gepäck und holt eine kleine Handtrommel heraus und beginnt zu trommeln, sehr bald im Rhythmus wie gestern abend im Loretto-Caffee, „Boogie woogie“ ruft sie ein, zwei, drei mal wie der Axelberger gestern abend, „los stell dir vor, nun ist wieder dieser Boogie in deinen Füßen, stell dir´s vor. Und in meinen Beinen, und in meinen Augen, wie sie dich so von der Seite angesehen haben ... Und all die anderen Mädchen, die genauso begeistert waren wie ich – und du auch.“

Verwirrt – langsam beginne ich, fast hörig wie ich gerade bin, doch noch kommt nichts ingang. Meine Füße wühlen den weichen Lößboden ein wenig auf, doch Frieda trommelt unentwegt, geduldig, mahnend: „ erinnere dich, wie es in deinen Fingern zitterte, da im Caffee ...“ Da plötzlich zuckt es wieder in mir und wie wahnsinnig beginnen meine Füße und Beine zu tanzen – und dabei ist Frieda´s Trommel so ein fast Nichts im Vergleich zu Alxelberger´s Spiel. Na ja, hier auf dem Tuniberg, in der Nähe der heiligen Erentrudis ....

Frieda springt auf und wirbelt ihre Trommel in den Händen, trommelt weiter und wird fast so wild wie das Spiel gestern abend. Da toben wir auf dem Tuni-Löß umher und wirbeln, Sie springt hoch und wirbelt auf ihren Händen in die Runde, Radschlag wie die Düsseldorfer Knaben – sie hat keine Höschen an und ich wollte ich hätte auch so einen Wirbelrock an wie die Frieda. Langsam – neben dem Tanzspiel – entsteht der Gedanke, ich lass diese Mann-Frau-Muster mal los für eine Weile und ziehe an was ich möchte, was mir tatsächlich Spaß macht – zum Tanzen so was wie die Frieda. Da beginnen unsere Füße zu wirbeln – der staubige Löß wirbelt auf – später sind unsere Füße und Beine bedeckt mit den grau-weißen Pulver. 


Frieda lässt sich fallen und liegt sofort still da, wälzt sich auf den Bauch und „mach das auch so, und lass die Energie der Erde in deinen Bauch einstrahlen – das ist das Ende dieser wilden Tanzerei.“ Nach einiger Zeit legen wir uns so, daß die Bäuche sich berühren, und nun spüre ich erst richtig die Wärme ihres Körpers. 

Unsere Haut ist überall mit Löß bepudert, alles ist still, und zwischen unseren Körpern ist die wohlige Trockenheit des Lößpuders, kein Schweiß wie es nach der Wildheit des Tanzens so sein müsste. Ich streiche über ihre Schenkel, den Po, Rücken und Schultern, überall diese wohlige Trockenheit. Irgendwo hat sie auch den Rock noch an und ein wenig Unterwäsche um die Strümpfe zu halten – aber sonst? Ach – wie ich es früher gelesen habe, in meiner Sehnsucht – die Mädchen sind ja viel freier als wir Männer. Freier und offener sind sie gekleidet, und es fällt ihnen leicht, mal eben den Rock zu heben. Würde mir das auch leicht fallen? Ich glaube da wäre ich sehr scheu.

So vergehen die Stunden am Tuniberg, sucht ihn mal im Atlas oder im Lexikon, seht wie es da aussieht, und denkt Euch, da wäre ein Mädchen und ein Junge in enger, tiefer Umschlingung, ganz still und unbeweglich, genießerisch einander erleben, und die eigenen Körper. Wie es schließlich Abend wird. Frieda springt plötzlich auf und lacht, lacht, laut und so, daß eventuell in der Nähe liegende Hasen aufgeschreckt werden und wegrennen. „Siehst du, das war der zweite Teil der Einweihung. „Ach,“ sage ich, „so ist das also.“

„Das nächste Mal im Badloch, ja?“ Ich habe keine Ahnung, was sie damit meint, aber mittlerweile vertraue ich ihr so blind und hingegeben.




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